Der Herzogpark: Geschichte des Ortes

Der Münchner Hauptsitz des ifo Instituts befindet sich in Bogenhausen, genauer im Herzogpark, eine der exklusivsten Wohnlagen der Stadt. Die intellektuell-künstlerische Vergangenheit dieses Ortes erwies sich als förderlicher Nährboden für ein international vernetztes wirtschaftswissenschaftliches Forschungszentrum.

Der Dianabrunnen im Herzogpark © ifo Institut
Mauerkircherstraße 1910
Bildpostkarte mit Fotografien der Mauerkircherstraße aus dem Jahr 1910.

Ein Stadtviertel entsteht

Der Herzogpark ist nach seinem ursprünglichen Besitzer Herzog Max in Bayern (1808-1888) benannt, Vater der späteren Kaiserin Elisabeth von Österreich, genannt Sisi. Sein Sohn, Erzherzog Karl Theodor, verkaufte das weitläufige Gelände entlang des östlichen Isarufers Anfang 1900 an die Terrain-Aktiengesellschaft Bogenhausen-Gern. Die ehemaligen Jagdgründe des Herzogs präsentierten sich damals noch als wilde, unberührte Natur, eine Ahnung davon vermittelt Thomas Manns Erzählung „Herr und Hund“. Erschlossen wurde das neue Baugebiet zunächst durch eine langgezogene Hauptstraße, die nach dem Passauer Erzbischof Friedrich Mauerkircher benannt wurde, später wurde die parallel verlaufende, nach einem bayerischen Adelsgeschlecht benannte Pienzenauerstraße angelegt. Während des Ersten Weltkriegs waren die Arbeiten unterbrochen, viele Grundstücke an den oft nach berühmten Dichtern von Gellert bis Stifter benannten Straßenzügen des Herzogparks lagen lange Zeit brach.

Intellektuelle und Künstler beleben den Ort 

In den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts lebte im Herzogpark eine künstlerische und intellektuelle Community, die regen nachbarschaftlichen und freundschaftlichen Austausch pflegte. Als einer der Ersten ließ sich Ludwig Freiherr von Gumppenberg-Pöttmes-Oberprennberg, Gründungsmitglied der Terraingesellschaft, im Herzogpark nieder, wo er ab 1906 in der Poschingerstraße 2 eine repräsentative Villa bewohnte. Der Schriftsteller Alfred von Heymel erwarb 1909 ein Grundstück gegenüber in der Poschingerstraße 5. 1907 kaufte der Privatgelehrte Robert Hallgarten in direkter Nachbarschaft das Grundstück Pienzenauerstraße 15, wo er ab 1910 mit seiner Frau, der Frauenrechtlerin und Pazifistin Constanze Hallgarten lebte. Im gleichen Jahr mietete Thomas Mann für seine sechsköpfige Familie zwei benachbarte Wohnungen in der Mauerkircherstraße 13. 1913 erwarb der Dirigent Bruno Walter eines der Drillingshäuser Mauerkircherstraße 43. Sein Nachbar in Nummer 41 wurde im gleichen Jahr der Historiker und Bismarck-Biograph Erich Marcks.

Villa Gumppenberg in der Poschingerstraße 2
Die Villa Gumppenberg in der Poschingerstraße 2, Bildpostkarte.
Gustl Waldau und Herta von Hagen, 1925, Getty images: brandstaetter images / Kontributor
Gustl Waldau und Herta von Hagen, 1925.

Das Gesetz der guten Nachbarschaft

Das Schauspielerehepaar Herta von Hagen und Gustl Waldau zogen in die Mauerkircherstraße 39. Ludwig Ritter von Zumbusch, Professor an der Akademie der Künste und insbesondere für seine Kinderporträts gefeierter Maler, bezog 1910 eine Villa des Architekten Otto Riemerschmid in der Schönbergstraße 9. In der Pienzenauerstraße 22 – 24 lebte seit 1913 der Dirigent Leopold Stokowski, ein guter Freund von Bruno Walter. 1914 zog Thomas Mann in die legendäre Villa Poschingerstraße 1. Ab 1926 vermietete Bruno Walter sein Haus an den Autor Bruno Frank, der dort mit seiner Frau Fritzi, der Tochter der gefeierten Sängerin und Schauspielerin Fritzi Massary, wohnte. Gute Nachbarschaft in kulturell anspruchsvollen Kreisen suchte der Bankier Otto Deutsch-Zeltmann, Buchliebhaber, Sammler und langjähriger Leiter der „Gesellschaft der Münchner Bücherfreunde“ sowie wichtiger Stifter der bibliophilen Maximiliansgesellschaft. 1922 bezog er seine Villa in der Vilshofener Straße 8. Einer der geistigen Gründerväter des ifo Instituts, Adolf Weber, bezog eine Wohnung in der Pienzenauerstraße 4, ein bis heute erhaltener Jugendstilbau in der Nähe des Kufsteiner Platzes. 1921 hatte er den Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre an der Universität München übernommen. Die von ihm initiierte „Volkswirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft für Bayern“ traf sich häufig in Webers „stillem Haus am Herzogpark“. Adolf Weber und seine Gäste, darunter Ludwig Erhard, entwickelten Ideen, die bis heute die Aktivitäten und Forschungsthemen des ifo Instituts prägen.

 

Ein Ort des geistigen Austauschs

Adolf Weber war es auch, der den Hinweis gab, dass das Haus in der Poschingerstraße 5 nach dem Krieg zum Verkauf stand. Ab 1952 arbeiteten hier die Mitarbeiter des ifo Instituts. Später bezogen sie auch Büros in den Drillingsvillen an der Mauerkircherstraße. Der geistige Raum, den die Nachbarschaft des Herzogparks von Anfang an gebildet hat, steht damit auch am Anfang der Erfolgsgeschichte des ifo Instituts. Die Häuser, in denen die Forscher des ifo Instituts arbeiten, atmen bis heute die geistige Lebendigkeit des Ortes und seiner ehemaligen Bewohner*innen. 

Villa der Familie Mann
Die Villa der Familie Mann in der Poschingerstraße 1, Bildpostkarte.

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