Die Finanzkrise: Der Kollaps von 2008

Die internationale Finanzkrise von 2008 entstand aus einer nationalen Immobilienkrise in den USA. Jahrelang waren dort die Preise für Immobilien gestiegen, während sich die Zinsen auf niedrigem Niveau bewegten. US-amerikanische Banken vergaben riskante Kredite an Privathaushalte, wodurch die Nachfrage immer weiter angeheizt wurde. Als die Kreditzinsen stiegen, weil die amerikanische Zentralbank Fed die Leitzinsen erhöhte, platzte die Blase. Wegen ausfallender Zahlungen gerieten Banken in eine Liquiditätskrise, die binnen kurzer Zeit das internationale Finanzsystem sowie weite Bereiche der Realwirtschaft erfasste.

Fallende Kurse, Picture-Alliance/ dpa | Boris Roessler
Schild mit der Aufschrift "For Sale" vor Häusern, Picture-Alliance/ dpa | epa Justin Lane
Überangebot an Immobilien in den USA führte zu Preisverfall.

Ansteckung durch Subprime-Kredite

1990 bis 2006 erfuhr der US-Immobilienmarkt einen beispiellosen Boom. Ende 2005 stieg die Inflation. Um gegenzusteuern, hob die US-Notenbank die Zinsen an. Innerhalb kurzer Zeit war ein Überangebot an Immobilien auf dem US-Markt, weil einkommensschwache Haushalte, deren Verträge variable Verzinsung vorsah, ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten. Die nicht genügend besicherten Kredite ("subprime loans") lagen in den Bilanzen vieler Banken und hatten sich weltweit im Finanzsystem verbreitet. Durch den Preissturz an den US-Immobilienmärkten verloren diese Assets dramatisch an Wert und das Finanzsystem kollabierte. 

Bailouts und die Lehman Insolvenz

Die US-Investmentbank Lehman Brothers wurde zum Sinnbild der Finanzkrise. Nachdem die Bush-Regierung und die FED bereits drei große Finanzdienstleister gerettet hatten (Bear Stearns, Freddie Mac, Fannie Mae), wurde entschieden, Lehman nicht zu stützen. Ein Käufer fand sich nicht, Lehmann ging in die Insolvenz. Kurze Zeit später geriet auch das Versicherungsunternehmen American International Group (AIG) in Turbulenzen. Um einen vollständigen Kollaps der Finanzwirtschaft zu verhindern, stuften Fed und Finanzministerium die AIG als systemrelevant ein und retteten den Konzern. Außerdem musste die amerikanische Regierung ein Hilfspaket mit Garantien in Höhe von 700 Mrd. US-Dollar auf den Weg bringen, um eine Katastrophe zu verhindern.

Die Krise wird zum Flächenbrand. Im Oktober 2008 verkündete Island als erstes Land den Staatsbankrott. Einen Monat später einigten sich die G-20-Staaten in Washington auf gemeinsame Maßnahmen zur Überwindung der Weltwirtschaftskrise und auf eine grundlegende Reform der Finanzmärkte. Im April 2009 wurde auf einem G-20-Gipfel in London die stärkere Kontrolle von Finanzinstituten beschlossen, um Auswüchse zu verhindern, wie sie 2007 zur Hypothekenkrise geführt hatten.

Demonstrant vor dem Gebäude von Lehman Brothers, Picture-Alliance / ASSOCIATED PRESS | Mary Altaffer
Ein Demonstrant vor dem Hauptgebäude von Lehman Brothers in New York am 15. September 2008.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück, Picture-Alliance/ dpa | Rainer_Jensen_/_Pool
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück 2008 bei einer Erklärung zur Rettung der Hypo Real Estate Bank.

Deutsche Steuergelder für Bankenrettung

In Deutschland garantierte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück den Bürger*innen die Sicherheit ihrer Spareinlagen. Mit Hilfe von Milliardenzuschüssen rettete die Bundesregierung die Hypo Real Estate Bank vor der Zahlungsunfähigkeit. Die Finanzminister der EU verständigten sich darauf, sogenannte systemrelevante Finanzinstitute mit Geldern der Gemeinschaft vor dem Untergang zu bewahren. Am 18. Oktober 2008 verabschiedete der Bundestag das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG). Der Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) verfügte über 480 Mrd. Euro, um Banken wieder die Erfüllung von Verbindlichkeiten und den Wiederaufbau von Liquidität zu ermöglichen. Als erste Banken nahmen nach der Hypo Real Estate die Bayerische Landesbank, die HSH Nordbank sowie die Commerzbank diesen Fonds in Anspruch. 

 

ifo Standpunkt zur Risikoverteilung

Die Finanzkrise von 2008 schürte Ängste, gierige Spekulanten könnten die Weltwirtschaft mit waghalsigen Aktionen in den Abgrund reißen. Hans-Werner Sinn, 1998 bis 2016 Präsident des ifo Instituts, präsentierte 2009 in seinem Buch „Kasino-Kapitalismus“ auf wissenschaftlicher Grundlage eine differenziertere Position. Er sieht in der Risikobereitschaft zunächst einmal den Motor für Innovation und gesellschaftliche Entwicklung. Risiken sind erst dann kritisch zu betrachten, wenn sie auf Dritte ausgelagert werden. Wenn man die Folgen auf andere Kapitalgeber abwälzen kann, ist die Versuchung groß, extreme finanzielle Risiken einzugehen. Solange Gewinne fließen, wird sich niemand beschweren. Wendet sich aber das Blatt, muss der Staat marode Banken vor dem Ruin bewahren – auf Kosten der Steuerzahlenden.

Buchcover Kasinokapitalismus
Hans-Werner Sinn veröffentlichte 2009 eine wissenschaftliche Analyse zur Finanzkrise.

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