Am 1. Januar 2002 wurde die Veränderung für die EU-Bürger*innen greifbar: In zwölf Ländern begann die größte Bargeldumstellung der Geschichte. An diesem Feiertag nach Silvester zogen auch viele Bundesbürger*innen ihre ersten Euroscheine aus den Automaten. Bis Ende 2001 wurden insgesamt etwa 15 Mrd. Banknoten im Wert von 630 Mrd. Euro und über 51 Mrd. Münzen mit einem Wert von 16 Mrd. Euro hergestellt.


Der lange Weg zum Euro
Der 1989 verabschiedete Delors-Bericht, der nach dem damaligen Präsidenten der Europäischen Kommission Jacques Delors benannt war, sah eine Realisierung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion in drei Schritten vor. Im Vertrag von Maastricht 1992 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf einen rechtlichen Rahmen und auf Beitrittskriterien zur Währungsunion. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt von 1997 formulierte konkrete Vorgaben: Den Euroländern war eine jährliche Neuverschuldung von maximal 3% und ein Gesamtschuldenstand von maximal 60% ihres Bruttoinlandsprodukts erlaubt. Am 1. Januar 1999 wurden dann die Wechselkurse der nationalen Währungen zum Euro endgültig festgelegt. Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Österreich, Irland, Finnland, Spanien und Portugal übergaben die geldpolitische Steuerung in die Hand der 1998 gegründeten Europäischen Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt am Main.
Große Hoffnungen und Bedenken
Viele Ökonom*innen hofften, dass die Bedeutung des Euro durch einen hohen Vertrauensgewinn sowie durch die Attraktivität des europäischen Finanzmarkts zunehmen würde und rechneten mit Aufwertungseffekten. Allerdings, so mahnte Jürgen Stark, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, und Festvortragender auf der ifo Jahresversammlung im Juni 1998: „Die Beibehaltung und Intensivierung der Stabilitätskultur der Mitgliedsländer der EWU ist die wichtigste Voraussetzung dafür, daß der Euro Vertrauen gewinnt und einen gebührenden Platz im internationalen Währungsgefüge einnehmen kann.“
Auch andere mahnende Stimmen wurden laut: Die Beitrittskriterien für die Mitgliedstaaten der Währungsunion seien nicht streng genug. Konflikte zwischen Ländern, deren Ökonomie unterschiedlich gefestigt seien, wären vorhersehbar. Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman sah die Einführung des Euro sogar als „invitation to desaster“. Und tatsächlich kam es vor und nach der Einführung immer wieder zu Verstößen der Mitgliedstaaten gegen die Beitrittskriterien und Vorgaben des Stabilitätspakts.


Große Mehrheit für Euro im Bundestag
Als es im deutschen Bundestag am 23. April 1998 zur Abstimmung über die Eurowährung kommen sollte, dauerte der heftige Schlagabtausch zwischen Koalition und Opposition fast sieben Stunden. Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) war einer der Befürworter der neuen Währung. Es handele sich dabei „nicht nur um eine währungspolitische Entscheidung“, sondern um einen Beitrag zur europäischen Einigung von historischer Dimension. Deshalb sollte sich der Bundestag kein ausweichendes „Nicht jetzt“ und „Nicht so“ erlauben, forderte Genscher. Jetzt müsse man klar „Ja“ oder „Nein“ sagen.
Für ein klares „Nein“ entschied sich Gregor Gysi (PDS): Die Vereinigung Europas lasse sich nicht über gemeinsame Banken schaffen. Um eine weitgehende Integration zu erreichen, müssten auch die Steuern angepasst sowie soziale, ökologische und juristische Standards vereinheitlicht werden, argumentierte Gysi.
Schließlich wurde die Einführung des Euro als neue europäische Gemeinschaftswährung mit einer überraschend großen Mehrheit beschlossen: Nur 35 von 672 der Bundestagsabgeordneten stimmten mit „Nein“.
Die Schwächen der neuen Währung
Im Jahr 2001 erfolgte dann eine erste Bilanz vonseiten des ifo Instituts: Seit seiner Einführung am 1. Januar 1999 hatte der Euro über ein Viertel seines Außenwerts verloren. Die andauernde Schwäche der europäischen Währung konnte mit makroökonomischen Faktoren nicht erklärt werden und im Schnelldienst Nr. 13 aus dem Jahr 2001 kam es zu einem Meinungsaustausch der Wissenschaftler*innen. Man war sich einig, dass „erst das Vertrauen in die Existenz eines faktischen sowie wirtschaftlich dynamischen und stabilen Eurolandes den Euro nachhaltig stärken würde“. Letztlich seien „wirtschaftspolitische Reformen, die glaubhaft eine höhere realwirtschaftliche Dynamik versprechen, wichtiger für die Stabilisierung des Eurokurses als der Umlauf eines einheitlichen Geldes“. Ebenso wurden feste Regeln und strengere Haushaltsdisziplin der Mitgliedsländer und ein sicheres Agieren der EZB gefordert.
Gut ein Jahrzehnt nach der Einführung zeichnet der damalige ifo-Präsident Hans-Werner Sinn eine düstere Bilanz der Euro-Einführung.
